SUP - Die große Freiheit

Die schönsten Spots für Stand-Up-Paddler in und um Deutschland von Timm Kruse

Entspannt auf dem Wasser, mitten in der Natur und fernab des Gedränges – das ist Stand up Paddeling. Die schönsten Spots in Deutschland für SUP: Kanäle im Spreewald, kristallklare Seen in Oberbayern, die Auen der Elbe, die Wasserstraßen von Hamburg. 40 Inspirationen um Städte und Regionen vom Wasser aus zu entdecken und zu erleben.

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Leseprobe:

 

Der Typ sah irgendwie lächerlich aus ...

... er stand auf einem überdimensionierten knallgelben Surfboard, hielt ein viel zu langes Paddel in den Händen und versuchte, sich damit in die Wellen zu bugsieren, was jedes Mal schiefging und in einem Waschgang endete. Ich beobachtete das Spektakel bei Sonnenaufgang an einem Strand in Goa aus etwa 100 Metern Entfernung. Eigentlich wollte ich meditieren, doch diese seltsame Gestalt hielt meine Aufmerksamkeit gefangen. So etwas hatte ich näm- lich noch nie gesehen. Mensch mit Paddel auf Surfbrett war ungefähr wie Radfahrer freihändig unter Wasser.

Immer wieder flog oder rutschte dieser Typ von seinem Brett, war sekundenlang untergetaucht, kämpfte sich zurück durchs Weißwasser, stürzte erneut und ließ doch nicht locker. Das, was dieser Mensch dort betrieb, sah nicht nur bescheuert aus, es schien noch dazu absolut in keinem Fall Spaß zu machen.

Irgendwann beschloss ich, meine Augen zu schließen und endlich zu meditieren. Ein paar Sekunden später gingen meine Augen wie von alleine wieder auf, und ich sah gerade noch, wie eine Welle das Brett des Paddelsurfers seitlich hochhob, seine Beine wegriss und er mit voller Wucht auf die Außenkante seines Boards krachte. Sein dumpfer Schmerzensschrei wurde von der brechenden Welle schnell geschluckt – und dann war der Typ weg. Ohne Nachzudenken rannte ich los. Der hat sich alle Rip- pen gebrochen, dachte ich noch, als er auftauchte und sich mit schmerzverzerrtem Gesicht an seinem Brett fest- hielt, bevor ihn die nächste Welle mitnahm.

Ein paar Sekunden später war ich bei ihm und half ihm an Land. Während ich sein Brett und das Paddel hinter mir herzog, hielt er die Arme hinter dem Kopf und stöhnte. »I‘m Jeff«, sagte er gequält, nachdem er sich ein bisschen erholt hatte. »I think I broke some ribs.« Der Kerl war Mitte 30, ein ziemlicher Berg von Mensch und dem Dialekt nach Australier. Er versuchte, nicht zu atmen, was natür- lich nicht lang gut ging. Er müsse sich mal hinlegen. Ob ich so lange auf sein Brett aufpassen könne. »You can try, if you want«, sagte er noch und nickte in Richtung Wellen, aber ich lehnte dankend ab. Auf einem Surfbrett mit einem Paddel zu stehen und mich von den Wellen durch- waschen zu lassen, war so ziemlich das Doofste, was ich mir vorstellen konnte. Wellenreiten ja – mit einem Paddel? Auf keinen Fall.

Ich setzte mich am Strand auf Jeffs Brett und hatte somit zum ersten Mal in meinem Leben direkten Kontakt mit einem SUP – dieses Wort gab es damals natürlich noch nicht am Anfang des Jahrtausends. Diese Geschichte wür- de jetzt ein Happy End erfahren, wenn ich mich mit Jeffs Brett trotz aller Bedenken in die Wellen gestürzt hätte und von da an mit dieser großartigen neuen Sportart infi- ziert worden wäre. Aber das passierte nicht. Ich wartete vielmehr stundenlang auf Jeff. Doch der ließ sich nie wie- der blicken. Also lehnte ich irgendwann das 20 Kilo- gramm schwere Brett an die nächstbeste Strandbar und sagte der Bedienung, dass ein Jeff Brett und Paddel spä- ter abholen würde.

6 Vorwort

 

Am nächsten Tag war das Brett verschwunden. Entweder hat es Jeff doch noch geholt, oder es wurde geklaut. Ich werde es nie erfahren.

Es sollten weitere zehn Jahre vergehen, bis ich erneut Kon- takt mit einem SUP bekam: in Südfrankreich am Mittel- meer. Ich machte Urlaub an der Côte d‘Azur, und es gehörte zu meiner Routine, morgens ins Meer zu sprin- gen und ein paar Hundert Meter zu schwimmen. Fast immer begegneten mir zwei Französinnen, die mit besse- ren Luftmatratzen und Paddeln übers Wasser gondelten. Nach ein paar Tagen grüßten wir uns, und irgendwann fragte ich, ob ich das mal ausprobieren dürfe – trotz mei- ner Erinnerung an Jeff. Die beiden Frauen freuten sich, dass sich endlich mal jemand für diese seltsame Sportart interessierte. Ich stellte das Paddel auf meine Länge ein, stieg auf die Luftmatratze, war überrascht, wie stabil das Ding war – und war für immer infiziert. Da ich halbwegs Windsurfen kann, fiel es mir leicht, mich auf dem Brett zu halten. Nachdem ich die kleine Bucht verlassen hatte, war mein erster Gedanke: mit so einem Ding könnte man richtig Strecke machen. Als hätte ich geahnt, dass ich später Zehntausende von Kilometern auf so einer Luftma- tratze stehen sollte.

Ob es mir gefallen hätte, wollten die Frauen wissen, als ich wieder an Land war. Und ob, sagte ich begeistert. Am nächsten Morgen kamen die beiden mit drei Brettern an den Strand und ich machte meine erste größere SUP-Tour. Noch einen Tag später kaufte ich ihnen das legendäre rote Fanatic für 250 Euro ab – eines der ersten aufblasba- ren SUPs, das je gebaut wurde und veränderte damit mein Leben. Seitdem vergehen nur wenige Tage, an denen ich nicht auf dem Wasser stehe.

Mit SUP – die große Freiheit möchte ich Euch da draußen inspirieren, unsere Welt aus einer neuen Perspektive zu entdecken; aus der Wasser-Perspektive. Auf dem Wasser

lernen wir unsere eigene Stadt neu kennen; den Fluss, den wir jeden Tag mit dem Auto überqueren oder die Küste, an der wir regelmäßig spazieren gehen.
Wir legen unser Brett aufs Wasser und paddeln los; in Ruhe, ohne Hast, nehmen die Welt und unsere glorreiche Natur in uns auf, halten zwischendurch an und beobach- ten, setzen uns aufs Brett und lassen uns von Wind, Welle und Strömung treiben. Wir nutzen SUPen als unsere ganz persönliche Reaktion auf eine verrücktgewordene, über- drehte, viel zu schnelle und hektische Welt.

Für die besten Spots in unserem Land haben wir begeis- terte SUPer vor Ort gebeten, ihre Lieblingsorte vorzu- stellen.

Immer wieder werde ich gefragt, wo es denn am Schöns- ten sei oder welche Wasserwege ich am meisten liebe. Oder was denn so toll daran sei, mit einem Paddel auf einem Brett zu stehen und übers Wasser zu gleiten. Wel- ches Brett sollte man sich am besten kaufen? Und könnte man damit auch in die Welle gehen?

Und um diese Fragen zu beantworten, braucht es ein ganzes Buch! Dieses Buch.

stand Timm auf einem alten Surfbrett auf dem Mittelmeer, SUPte die Küste Indiens entlang, paddelte auf Flüssen in Australien und an Alligatoren in Florida vorbei. Mit seinen Büchern »Ein Mann, ein Board« und »Pilgern mit Paddel« hat

er Tausende von Lesern inspiriert, aufs Brett zu steigen. Kru- se ist 2017 als erster Mensch überhaupt die gesamte Donau heruntergepaddelt, 3000 Kilometer von der Quelle zu Mün- dung, durch 10 Ländern. 2020 ist er mit einem Freund die spanische Nordküste geSUPt – den Jakobsweg auf dem Was- ser gewandert. www.gekritzeltes.de